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Entartete Materie entsteht unter den enormen Drücken sehr dichter Neutronensterne. Die Eigenschaften von entarteter Materie werden von der Quantenmechanik betimmt und unterscheiden sich daher komplett von den uns bekannten Eigenschaften der Materie, die uns umgibt.

Wird der Kern eines Sterns komprimiert, kommen sich die Atomkerne und Elektronen im Kern immer näher. Normalerweise geschieht eine derartige Verdichtung, wenn die Kerntemperatur abnimmt und als Konsequenz daraus auch der thermische Druck sinkt, der der Gravitationskraft entgegenwirkt. Aber die Elektronen können sich einander nicht weiter annähern als es die Gesetze der Quantenmechanik zulassen. Gemäß dieser Gesetze ist es nicht möglich, dass mehr als zwei Elektronen im selben Atom den gleichen Quantenzustand besitzen. Das heißt konkret: wird Materie bis zu einem gewissen Grad komprimiert, so erzeugt das Pauli-Prinzip einen Gegendruck, den sog. Entartungsdruck, der eine weitere Kontraktion der Materie verhindert. Infolge dieses Entartungsdrucks hält die Materie einem viel höheren Druck Stand als ohne Entartung. Eine bedeutende Auswirkung ist, dass der Druck entarteter Materie nicht mehr von deren Temperatur abhängt wie bei normaler Materie. Dort bewirkt der Temperaturanstieg in einem Gas, dass dessen Druck gleichfalls ansteigt (siehe 2. Gesetz von Gay-Lussac). Dieser Umstand spielt unter anderem eine entscheidende Rolle bei einer Supernova vom Typ Ia. Entsprechend des Pauli-Prinzips ist eine weitere Verdichtung nicht mehr möglich, auch wenn auf entartete Materie weiter Druck ausgeübt wird. Stattdessen nimmt die Geschwindigkeit, mit der sich die Elektronen bewegen, zu. Daher kann der Druck auf entartete Materie weiter erhöht werden, ohne dass die Materie kollabiert. Wird der Druck jedoch bis zu einem bestimmten Grenzwert (die Chandrasekhar-Grenze) erhöht, nähern sich die Elektronen der Lichtgeschwindigkeit. Es gibt jedoch keine Materie in diesem Universum, deren Geschwindigkeit die Lichtgeschwindigkeit erreichen oder übertreffen könnte. An diesem Punkt kann der Entartungsdruck dem Druck der Materie nicht länger standhalten und die Materie stürzt plötzlich in sich zusammen. In der Astronomie geschieht dies bei Kernkollaps-Supernovae (Supernova Typ II, Typ Ib und Typ Ic).

KrebsnebelDer Krebsnebel: ein Supernova-Überrest mit einem Neutronenstern im Zentrum

Der nächste "Halt" der Materie ist ein Neutronenstern. Die meisten Elektronen und Protonen des Vorgängersterns wurden durch den ungeheuren Druck buchstäblich ineinander gepresst, wodurch Neutronen entstanden. Man kann sich einen Neutronenstern als gigantischen Atomkern vorstellen, der aus fast nichts anderem als Neutronen besteht. Er ist extrem kompakt. Um dies besser zu verstehen, stelle man sich ein normales Atom in der Größe eines Fussball-Stadions vor. In diesem Atom hätte der Atomkern im Zentrum die Größe eines Reiskorns. Der ganze restliche Raum wäre leer, lediglich die noch kleineren Elektronen würden sich darin um den Atomkern bewegen. Ein Neutronenstern ist so kompakt, da das frühere Atom (oder Fussball-Stadion) nun auf Atomkerngröße (oder Reiskorngröße) zusammengequetscht ist. In Wirklichkeit besteht ein Neutronenstern immer noch aus einzelnen Atomkernen. Diese allerdings sind beinahe nahtlos zusammengedrängt.

Außerdem gilt das Pauli-Prinzip nicht nur für Elektronen sondern für alle Teilchen, die als Fermionen bezeichnet werden (das sind alle Teilchen mit halbzahligem Spin, wie Protonen, Neutronen, Myonen und dergleichen). Anstelle der entarteten Elektronen wird der Neutronenstern nun durch entartete Neutronen vor dem Kollaps bewahrt. Der Hauptunterschied besteht dabei darin, dass der Entartungsdruck der Neutronen wesentlich höher ist. Das gleiche Pauli-Prinzip angewendet, heißt: jedes Neutron muss seinen eigenen Quantenzustand (oder Raum) einnehmen und kann nicht weiter komprimiert werden. Wenn wir wiederum noch höheren Druck aufbringen, indem wir dem Neutronenstern weitere Materie hinzufügen, führt dies zu einer höheren Geschwindigkeit der Neutronenschwingungen. Erreicht dann die Masse des Neutronensterns die dreifache Sonnenmasse, nähert sich die Neutronengeschwindigkeit erneut der Lichtgeschwindigkeit und der Neutronenstern kann sein eigenes Gewicht nicht mehr tragen. Dieser Grenzwert wird Tolman-Oppenheimer-Volkhof-Grenze genannt. Sie ist analog der Chandrasekhar-Grenze für Elektron-entartete Materie. Der Neutronenstern kollabiert zu einem theoretischen Objekt, das Quarkstern genannt wird. Derartige Quarksterne können bislang nicht beobachtet werden und sind deshalb nur eine Hypothese.

Künstlerische Darstellung eines schwarzen Lochs
Tatsächlich befindet sich die kollabierte Materie innerhalb des Schwarzschildradius des Schwarzen Lochs, das entsteht, wenn ein Neutronenstern in sich zusammenstürzt. Die größte Masse eines Schwarzen Lochs, das aus einem einzelnen Stern hervorgehen kann, beträgt etwa 10 Sonnenmassen. Die restliche Materie des früheren Sterns (einzelne Sterne können mehr als das Hundertfache der Sonnenmasse besitzen) wird während dessen Lebenszeit und seiner Supernova wieder in den Weltraum zurückgegeben.

Sie können mehr über die Entstehung von Neutronensternen und Schwarzen Löchern in unserem Supernova-Artikel lesen; weitere Informationen bezüglich Neutronensternen finden Sie auch im Neutronenstern-Artikel auf Sun.org.


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Veröffentlicht von Veröffentlicht oder zuletzt modifiziert am 21.02.2024